Gesellschaft für Wirtschaft und Ethik

GRUNDFRAGEN DER WIRTSCHAFTSETHIK LV

Der Prediger Salomo (1,9b) schrieb einst: „Es gibt gar nichts Neues unter der Sonne. Gibt es ein Ding, von
dem man sagt: ‚Siehe, das ist neu!’?“ und er beklagt (12,12) „Das viele Büchermachen hat kein Ende, und viel Studieren ist Ermüdung des Geistes.“ Verfolge ich die Diskussionen und Argumentationen der „letzten Generation“ muss ich an diese Worte Salomos denken. Es ist alles schon einmal da gewesen. Mich erstaunt die Aggressivität in der Argumentation und den Handlungen. Ich möchte ein wenig die Entwicklungen zum Ressourcenschutz Revue passieren lassen. Schon im Jahre 1798 publizierte der englische Ökonom Thomas Robert Malthus ein Essay über das Bevölkerungswachstum1. Er argumentierte, dass das Bevölkerungswachstum stets das Wachstum der Produktionsmöglichkeiten übertreffe und daher Hungersnöte drohten.
Aber zurück in die jüngste Vergangenheit. Vor ca. 55 Jahren begann als Folge des Vietnamkrieges unter
vielen Intellektuellen eine verstärkte antiamerikanische Haltung, die zu einer äußerst kritischen antiwestlichen Einstellung führte: Kapitalismus, Konsumerismus und Umweltverschmutzung wurden angeprangert. Die Ressourcenverschwendung wurde angeklagt und drohende Knappheiten an Rohstoffen vorhergesagt.

Der in Stanford lehrende Biologe Paul R. Ehrlich veröffentlichte 1968 sein Buch “Die Bevölkerungsbombe”. “Zero-population-growth” (ZPG) wurde gefordert, weil die Erde nicht mehr Menschen ernähren könne. Der Gründer von ZPG fürchtete, dass bis 1980 mehrere Hundert Millionen Menschen Hungers sterben würden. Im Jahre 1965 betrug die Weltbevölkerung 3,34 Mrd. Menschen; im Jahre 2023 hat sie 8 Mrd. Einwohner erreicht, sie hat sich also mehr als verdoppelt. Die großen Hungersnöte sind nicht eingetreten. Wir erlebten immer wieder eine Wiederaufnahme malthusianischer Gedanken. Seine Warnungen trafen schon damals nicht ein. Die Möglichkeiten des technischen Fortschritts in der Agrarproduktion wurden nicht berücksichtigt.

Der Club of Rome, eine Gruppe von Wissenschaftlern unter Leitung von Dennis Meadows, veröffentlichte 1972 “Die Grenzen des Wachstums”. In Computersimulationen sagten sie Ressourcenknappheiten voraus. Auch diese Vorhersagen sind nicht eingetroffen. Des Öfteren wurden neue Versionen anhand neuer Daten mit ähnlicher Tendenz veröffentlicht. Im Jahre 1980 wurde diese pessimistische Einschätzung in den USA sogar offizielle Regierungssicht. Sie beauftragte 1980 “The Global Report to the President”. Besonders der damalige Vizepräsident Al Gore tat sich hier hervor und bekam dafür 2007 den Friedensnobelpreis. Die Nord-Süd-Kommission legte im Februar 1980 ihren “Nord-Süd-Bericht” (Brandt-Bericht) vor. Der Untertitel lautete “Das Überleben sichern. Gemeinsame Interessen von Entwicklungs- und Industrieländern”. Willy Brandt setzte sich für eine größere Umverteilung der Ressourcen in die Dritte Welt ein. Die vorgelegten Vorschläge scheiterten an den Siegeszügen von Ronald Reagan und Margret Thatcher, die verstärkt auf eine marktwirtschaftliche Ordnung setzten.

Der genannte Biologe Paul R. Ehrlich mahnte seit 1960 ZPG und Staatseingriffe zur Energie- und Ressourceneinsparung an. Die Preise seltener Metalle würden stark ansteigen. Der Ökonom Julian Simon bot Ehrlich eine Wette in Höhe von $10.0002 an, dass die Preise für diese Metalle und andere Güter in der Zukunft (inflationsbereinigt) sinken und nicht steigen würden. 1980 akzeptierte Ehrlich diese Wette. Ehrlich wählte die Rohstoffe Chrom, Kupfer, Nickel, Zinn und Wolfram und den Zeitraum bis 1990. Im Jahre 1990 waren die Preise für diese mineralischen Rohstoffe inflationsbereinigt in der Tat gesunken. Hätte Ehrlich Benzin, Kaffee, Nahrungsmittel, Phosphat, Zucker oder Wolle gewählt, hätte er die Wette auch verloren. Schlussendlich hatte Ehrlich nur eine Differenz von $576,07 zu zahlen, Ehrlich löste seine Wette ein, änderte aber seine Überzeugungen nicht und nannte den Ökonomen Simon einen Scharlatan und Spinner. Jedoch wäre zu bemerken, dass Simon Glück gehabt hatte; zu späteren Zeitpunkten stiegen die Preise für einige dieser Rohstoffe an. Der Zeitraum bis 1980 war für die Preisentwicklung damals günstig.

“Die letzte Generation” vertritt wieder diese Überzeugungen der 60er Jahre. Ich habe das Gefühl, dass sich diese Kritik an der marktwirtschaftlichen Ordnung ständig wiederholt. Es werden die marktimmanenten Anpassungen an neue Gegebenheiten nicht berücksichtigt. Nach der ersten Erdölkrise 1973 gab es Ökonomen, die ausgerechnet hatten, wann Deutschlands Sozialprodukt ganz den Ölscheichs zufließen würde, aber diese Modelle waren nur linear gestaltet. Die Reaktionen der Ersparnis auf Preiserhöhungen und das Suchen nach Alternativen wurden nicht berücksichtigt. Auch Wissenschaftler können sich irren, und es gehört zur wissenschaftlichen Diskussion, alles in Frage stellen zu dürfen. Leider können Gutachten auch gekauft werden. Oft gewinne ich den Eindruck, dass in der öffentlichen Diskussion viel manipuliert wird und Minderheitenmeinungen unterdrückt werden.

Es entstehen also immer wieder neue Bewegungen, die sich gegen eine freie Marktwirtschaft sowie den Kapitalismus und seine Folgen auflehnen. Allerdings darf Kapitalismus, der im Manchestertum schreckliche Auswirkungen auf die Arbeitnehmer hatte und zur Ausbeutung führte, nicht mit der heutigen Sozialen Marktwirtschaft verwechselt werden. Jedoch hat das marktwirtschaftliche Element in der Sozialen Marktwirtschaft in letzter Zeit abgenommen und verstärkt greift die Politik in die Freiheit der Bürger ein. Es fehlt ein rationales Abwägen des Für und Wider.

Kann es sein, dass Klimarettung ein Gottesersatz ist? Der Mensch braucht einen Lebenssinn und findet ihn hier. Die Theologie hat auch schon abgedankt, wenn in Finnland Greta Thunberg einen Ehrendoktor der theologischen Fakultät der Universität Helsinki bekommt, wegen ihres Einsatzes für das Klima. Es werden doch nur Probleme und Ziele dargestellt, aber keine wirklichen, tragbaren Lösungen angeboten.

Allerdings muss unterstrichen werden, dass das Funktionieren einer wirtschaftlichen Ordnung sehr stark von der vorhandenen Ethik in der Gesellschaft und besonders bei den Führungskräften abhängt. Das gilt sowohl für sozialistische, bürokratische und marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnungen. Wenn Freiheit der höchste Wert des Menschen ist und alles nur zufällig entstanden ist, dann dürfen wir uns nicht wundern, dass die Wirtschaftsordnungen keinen Frieden schaffen können. Dem Zufall gegenüber kann man sich nicht verantworten, sondern nur einem Schöpfer, den man aber nicht will.

Es wäre für unsere Gesellschaft hilfreich, wenn Kirchen und Christen wieder auf den liebenden Schöpfergott hinwiesen, der alles einmal wunderbar geordnet hat und der den Bestand der Erde noch garantiert. Die Welt geht erst unter, wenn er seine schützende Hand abzieht. Wer sich einbildet, dass er durch seine Appelle an die Menschen die Menschen ändern und den Verfall aufhalten kann, der bildet sich zu viel ein. Selbst Wissenschaftler können dem nur nachspüren, wie Gott diese Welt großartig geordnet hat, aber sie nicht ändern oder neu schaffen. Mehr Demut täte hier gut. Gott bleibt der Herr der Geschichte!


1 Der genaue Titel lautet: „An Essay on the Principle of Population as it affects the Future Improvement of Society, with Remarks on the Speculations of Mr. Godwin. Mr. Condorcet, and other Writers.”
2 So David Gress; „From Plato to NATO“, New York et al. 1998, S. 518.
3 Vgl. auch: Werner Lachmann: alles rubbish? Daten sind schwierig zu erfassen und leicht zu manipulieren, in: Wirtschaft und Ethik Nr. 30:2 (2019), S. 9-10.
4 Siehe https://www.derstandard.de/consent/tcf/story/2000144822173/klima-aktivistin-greta-thunberg-erhaelt-ehrendoktor-titel-in-theologie; abgerufen am 17.4.2023

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