Gesellschaft für Wirtschaft und Ethik

Buchbesprechung: Grundzüge der Wirtschafts und Unternehmensethik

Autor: Prf. Dr. Christan Müller

Mit den „Grundzüge der Wirtschafts- und Unternehmensethik“ legt Müller ein sehr umfassendes und anschauliches Lehrbuch vor, das alle wesentlichen Aspekte in der notwendigen Tiefe durchdringt, ohne sich in Details zu verlieren.


Nachdem die definitorischen Grundlagen von Moral, Ethos und Tugend gelegt sind, werden die Ethikkonzepte in Form von Spielstrukturen vorgestellt, wobei dem berühmten Gefangenen Dilemma eine zentrale Rolle zukommt. Auf die daraus resultierenden Dilemmata wird immer wieder Bezug genommen, z.B. um die unterschiedlichen Ergebnisse ethischer Konzeptionen (Kapitel 3) zu deuten. Dies ermöglicht dem Leser in einfacher Weise die jeweiligen Positionen von konsequentialistischer, deontologischer und Tugendethik nachzuvollziehen und sich selbst zu verorten. Verdeutlichende Zuspitzungen bleiben da
nicht aus, z.B. in der auf den Utilitarismus bezogenen, zitierten „Feststellung“ „Afrika sei deutlich unterverschmutzt“. Eine geradezu zynische Überlegung, die auf den unterschiedlichen
Nutzen von Müllentsorgung abstellt. Da jede der ethischen Konzeptionen konsequent kritisiert wird, wird der Leser in die Lage versetzt sich selbst eine Meinung zu bilden.


Die Frage, wann ein Homo Oeconomicus moralisch handelt, leitet über auf die „Ethik der Rahmenordnung“. Indem Kapitel 5 unmittelbar auf die Rahmenordnung und nicht allgemeiner
auf die Wirtschaftsethik abstellt, „framt“ Müller gleichsam auf einen Ordnungsrahmen hin, was der Sozialen Marktwirtschaft den Boden bereitet.


Auf die Einordnung der Sozialen Marktwirtschaft als ethisches Konzept folgt abrundend eine
Betrachtung verhaltensökonomischer Ansätze in Form des sogenannten „Nudging“ und der
Marktgesellschaft, bevor die Unternehmensethik und die Ethik Einzelner im Unternehmen behandelt werden.


Wer die „Wirtschafts- und Unternehmensethik“ durcharbeitet, dem wird sich unweigerlich die Frage stellen, was Ethik letztlich fundiert? Die einzelnen Konzepte zu verstehen und anhand z.B. der Spielergebnisse des Gefangenendilemmas zu deuten, ist äußerst hilfreich, beantwortet aber die Frage nach dem letzten Grund nicht. Welche Ethik gilt, wenn es zu divergierenden Ergebnissen kommt? Wenn es diesen letzten Grund aber nicht gibt, ist Ethik dann nicht immer die Ethik des Stärkeren? Jene
Ethik, die durchgesetzt werden kann, oder zumindest jene Ethik, die sich einfach entlang der historischen Entwicklung durchsetzt, ob sie einem Konzept entspricht oder nicht? Letztlich also reine Willkür? Diese Grundfrage einer jeden Ethik führt zur Begründbarkeit von Wirtschaftsethik (Kapitel 8). Hier
helfen die drei Begründungsansätze („theonom“, „autonom“, „heteronom“) bei der Einordnung weiter, es erspart aber nicht die Erkenntnis, dass es letztlich kein Staats- oder Wirtschaftssystem gegeben hat, das explizit auf dem einen oder anderen ethischen Konzept aufbaut, geschweige denn, dass es eine Letztbegründbarkeit gar nicht gibt, auch nie geben kann, da das „induktionslogische Dilemma“ der (Nicht-)Begründbarkeit nicht aufgehoben werden kann.
Die regelmäßig eingesetzten „Newsticker“ als verdeutlichende Einschübe sind ebenso originell wie bildhaft. Durch dieses Stilmittel werden aktuelle, aus dem Alltagsleben und der politischen Diskussion nachvollziehbare Problemstellungen der Wirtschaftsethik zur Verdeutlichung der Argumentationsketten
aufgegriffen. Diese gelungenen Einschübe verdichten das vorher Gelesene, und helfen es in den Alltag zu übertragen. Da ruft ein Softwaregigant nach Marktregulierung, ein Influencer versucht
sich an der Zerstörung der CDU, das bedingungslose Grundeinkommen wird zum bedingten Grundeinkommen.
Was das Buch (nicht nur) für Christen besonders lesenswert macht, ist dass der Autor auch Bezug auf die Bibel nimmt. Nicht, weil diese die Grundlage unserer Kultur ist, sondern weil (Wirtschafts-)Ethik letztlich immer wieder die Frage nach der letztendlichen Begründung stellt, wodurch auch die von ihm vorgestellten, unterschiedlichen Ethikkonzepte verdeutlich werden können. „Du sollst nicht töten“ ist nach einer rein nutzenerwägenden („Der größte Glück für die größte Zahl“), konsequentialistischen Ethik nicht begründbar, nach einer auf die Pflicht bezogenen, deontologischen Ethik (Kant) dagegen schon.
Prädikat: Äußerst lesenswert.

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