Gesellschaft für Wirtschaft und Ethik

Jürgen von Hagen: Handel statt Entwicklungshilfe

Auszug aus: Journal for Markets and Ethics (2016)/2

Seit dem Ende des 2. Weltkriegs und dem Ende des europäischen Kolonialismus ist es üblich geworden, dass reiche und entwickelte Staaten (sprich: industrialisierte und marktwirtschaftlich orientierte Staaten Europas und Nordamerikas) armen und wenig entwickelten Staaten Entwicklungshilfe leisten. Die richtige Art der Entwicklungshilfe bleibt jedoch umstritten. Traditionell bestand Entwicklungshilfe in der Zahlung von Transfers für Lebensmittelkäufe und der Finanzierung von Industrie- oder Infrastrukturprojekten in den Entwicklungsländern. In den 1970er und 1980er Jahren setzte sich in der entwicklungspolitischen Diskussion jedoch zunehmend die Ansicht durch, dass diese Form der Entwicklungshilfe häufig nicht zielführend ist, weil es an geeigneter politischer und administrativer Betreuung und Aufsicht der Projekte und ihrer Finanzierung mangelt (World Bank 1992; Kaufmann 2009). Zu den wichtigsten Schwächen zäh-len der Mangel an Selbstverantwortung (ownership) an den geförderten Projekten in den Entwicklungsländern, verbunden mit dem Aufbau wenig effizienter Produktionsstätten, die Verfestigung von Industriestrukturen mit wenig Entwicklungspotenzial, verbreitete Korruption und die wachsende Abhängigkeit der Empfängerländer von Entwicklungshilfe (aid dependence). Die Weltbank und andere entwicklungspolitische Institutionen haben auf diese Einsicht reagiert, indem sie Entwicklungsfinanzierung mit der Förderung politischer und institutioneller Reformen zur Stärkung der Demokratie und der Marktwirtschaft verbunden haben…

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