Von Tabea Stamminger
Meldungen über den ökonomischen Einfluss Chinas auf afrikanischem Boden häuften sich in der letzten Dekade, was nicht nur den Unmut des Westens schürte. Es scheint so, als würden selbst die wirtschaftlichen Auswirkungen der SARS-Cov-2-Pandemie nicht zu einem von vielen Staaten erhofften Nachlass der Einflussnahme Chinas auf dem afrikanischen Kontinent, sondern eher zu einem Anstieg der politischen, finanziellen und somit ökonomischen Abhängigkeit vieler afrikanischer Staaten führen. Da sind medienwirksame Spenden von 100.000 chinesischen Masken für sambische Kinder im Oktober 2020 nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.[1]
Finanzierung mit billigem Geld
Sambia, ein Land im Süden Afrikas mit knapp 17,35 Millionen Einwohnern auf einer Fläche von 752.614 km², gehört zu den ältesten Wirtschaftspartnern Chinas in Afrika.[2] Der Einfluss der Chinesen ist bei allen Bevölkerungsschichten bekannt, was jedoch auf unterschiedliche Reaktionen stößt. Politiker und Machthaber profitieren durch Vereinbarungen und undurchsichtige Kredite mit chinesischen Staatskonzernen wie z.B. die China Development Bank, die Großprojekte häufig von Peking aus mit billigem Geld finanzieren. Diese erheblichen Eingriffe, die vor allem im infrastrukturellen Bereich durch den Bau von Flughäfen, Autobahnen, Fußballstadien und Wasserkraftwerken stattfinden, scheinen den Machthabern durch ökonomische Versprechen und der damit zusammenhängenden Finanzierung der Projekte jedoch den Blick in die Zukunft zu verwehren und sie abhängig zu halten. Sambias Staatsverschuldung wächst stetig (in den letzten fünf Jahren um fast 100 Prozent)[3] und das Entwicklungsland hat vor allem durch eine unzureichende politische Staatsführung und eine erhebliche Ausbeutung mineralischer Ressourcen durch ausländische Staaten nicht den Anschein, diese in naher oder ferner Zukunft zurückzahlen zu können.
Der Einfluss Chinas in Sambia wird vor allem auch als Soft Power deutlich, sobald man mit einheimischen Sambiern ins Gespräch kommt. Die Mehrheit der gebildeten Bevölkerung ist sich den meist negativ konnotierten Folgen des immer größer werdenden Einflusses des Wirtschaftspartners China bewusst und kann dennoch nichts gegen die politischen Vereinbarungen tun. Manch bürgerlicher Sambier wird aber vielleicht auch von den Medien zum China-Unterstützer umerzogen, denn 60% des sambischen Staatsfernsehens befindet sich in chinesischer Hand.[4] Xinhua, eine der beiden großen Nachrichtenagenturen der Regierung der Volksrepublik China berichten beispielsweise von einem von den Chinesen gesponserten und inszenierten Projekt, das Satellitenfernsehen in 500 abgelegene Dörfer, Schulen und öffentlichen Einrichtungen installierte. Das Projekt lief über das im Jahre 2015 stattfindende Forum China-Africa-Cooperation (FOCAO), das Satellitenfernsehen für 10 000 afrikanische Dörfer in 25 Ländern versprach.[5] Nicht erwähnt wurde der dadurch ermöglichte Einfluss der chinesischen Sender und das Zurückdrängen der afrikanischen Staats- und Lokalsender. So gibt es Einheimische, die sich mit Kung-Fu-Sendungen begnügen müssen und nur sehr eingeschränkten Zugriff auf lokale Sender zu haben. Die “Times of Zambia” eine der sambischen Staatszeitungen veröffentlichten im Oktober 2018 einen Artikel in Mandarin.[6]
Der Unmut wächst
Viele Sambier fühlen sich bei den Projekten übergangen und starteten Kampagnen wie z.B. „#SayNoToChina“.[7] Sambias Arbeitsplätze fallen trotz des Ressourcenreichtums des eigenen Landes weg, die durch chinesische Hand finanzierten Straßen gelten schon nach knapp zwei Jahren als unbefahrbar, eine Integration der Chinesen, die laut Experten die 100.000er Marke schon weitaus überschritten hätten und damit bereits 0,5 Prozent an der Gesamtbevölkerung ausmachen würden, findet durch deren Rückzug in ihre eigenen Gemeinschaften nicht statt.[8] Somit wächst auch der Unmut der sambischen Urbevölkerung.
Betrachtet man den Handel Sambias genauer, ließen sich vergangenen Jahres Südafrika und die Volksrepublik China als Hauptlieferländer feststellen, wohingegen China mit 21,4% und die Schweiz mit 41,3% die Hauptabnahmeländer sambischer Ressourcen waren bzw. sind. Die Exportquote lag 2019 bei 29,4%, in der NE-Metalle wie zum Beispiel Kupfer, Zink und Blei 72% ausmachten.[9] Damit beeinflusst China mittelfristig auch Preise von Elektronikartikeln weltweit, da China selbst 2010 den Export seltener Erden massiv eingeschränkt bis eingestellt hat. Viele der sich in der Provinz Copperbelt (deutsch: Kupfergürtel) befindenden Kupferminen, für die das Land durch seine hohen Exportzahlen an Kupfer bekannt ist, liegen in chinesischer Hand. Doch nicht nur der Abbau von Ressourcen, sondern auch der Import von Elektronikgeräten, Autos und Alltagsgegenständen beeinflussen die sambischen Unternehmen drastisch.
Des Weiteren stößt man auf immer mehr chinesische Banken, vor allem die Bank of China Zambia (BoCZ), die ihren Sitz in der Hauptstadt Sambias, Lusaka, hat und den Handel mit dem Herkunftsland erheblich erleichtern. Auch kleinere Unternehmen, wie Geflügelfarmen, Textilien-Hersteller oder die sog. China Malls mit eigenen Fitnessstudios, Kleidungs-, Handwerks- und Möbelgeschäften sind in den großen Städten Sambias, vor allem in Lusaka, Ndola und Kitwe, vertreten und nehmen an Anzahl zu. Durch die billig verkauften Waren, den Mangel an ähnlichen sambischen Einkaufsmöglichkeiten und die damit verbundene fehlende Vielfalt der Produkte verzeichnen die chinesischen Malls einen großen Andrang der sambischen Bevölkerung. Was früher vielleicht die einzelne CocaCola-Flasche aus den USA war, sind heute ganze Haushalte, die durch „Made in China“ geprägt sind. Chinas Einfluss ist all-umfassend und expandierend. Seine starke Stellung in der Wirtschaft sichert sich das Land aus Fernost durch Investitionen in kritische Infrastruktur. So befindet sich die sambische staatliche Energieversorgung fast gänzlich in chinesischer Hand. Auch das Anbringen von modernster chinesischer Kameraüberwachungstechnik an allen größeren Kreuzungen in Lusaka, Ndola und Kitwe, welches gerade als das anlaufende Großprojekt gilt, ist ein Zeichen dafür, dass China immer mehr Einflussnahme und autoritäre Haltung in verschiedenen Bereichen aufzeigt.
Zusammenschluss mit Ruanda?
Chinas Einfluss und sein Drang zur wirtschaftlichen Großmacht in Afrika sind in Sambia kaum zu übersehen und spiegeln das wider, was der Westen heute historisch aufgearbeitet und verworfen hat: Kolonialismus. Mehr noch hat sich China aber nicht nur militärisch in Afrika gefestigt, sondern hat Länder wie Sambia von sich wirtschaftlich, infrastrukturell und finanziell abhängig gemacht und implementiert darüber hinaus seine Kultur in diesen Ländern ganz nach dem Motto „Am chinesischen Wesen soll die Welt genesen“. Dabei brauchen Länder wie Sambia nun vor allem eines: europäische Partnerländer, welche sie zur eigenen Wirtschaftsleistung ermutigen und Foreign Direct Investment (FDI) so einsetzen, dass nicht noch mehr sambische Arbeitsplätze wegrationalisiert werden, dadurch, dass ausländische Unternehmen deren Arbeit übernehmen. Dabei könnte Sambia mit Rohstoffen wie Kobalt, welches für die Herstellung von Elektroautos benötigt wird, noch weiter gehen als Ruanda, ein Land, das als afrikanische Wirtschaftsmacht gilt und im Sommer 2018 die ersten VW-Fahrzeuge vom Band rollen ließ. Dabei hätte ein Länderzusammenschluss von Sambia und Ruanda zum Beispiel unter den gegebenen politischen Voraussetzungen und unter Anbetracht der Rohstoffmenge bzw. der wirtschaftlichen Vormachtstellung Ruandas in Afrika hohe Chancen, eine eigene Automarkte zu erschaffen, vergleichbar des deutsch-französischen Unternehmens Airbus als europäischer Konkurrent zu Boeing. Das Marktpotential mit 49 Ländern und 920 Millionen Menschen in der Sub-Sahara darf nicht nur von europäischen, nordamerikanischen und asiatischen Unternehmen erkannt werden, sondern muss auch von afrikanischen politischen Führungskräften gesehen werden.[10]
Scheitern könnte dieses Projekt allerdings an dem politischen Willen der sambischen Führung, die von Korruption durchzogen ist. So belegte Zambia 2019 Platz 113 von 180 beim Corruption Perception Index und befindet sich damit im hinteren Teil dieses Rankings.[11] Es bleibt nur die Hoffnung, dass die Menschen Sambias eines Tages ihre Souveränität wiederentdecken und dabei den Blick auf ihr eigenes Land, ihre eigene Kraft und ihren Ressourcenreichtum richten, um sich nicht mehr von China abhängig machen zu müssen.
[1] Yupeng, Zhao: Zambia’s first lady hails support from Chinese private sector, in: https://www.msn.com/en-xl/news/other/zambias-first-lady-hails-support-from-chinese-private-sector/ar-BB1afu8A [09.11.2020].
[2] Vgl. Auswärtiges Amt: Sambia. Steckbrief, in https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/sambia-node/sambia/208592 [23.10.2020].
[3] Trading economics: Government Debt in Zambia increased to 11202.80 USD Million in 2019 from 10047.80 USD Million in 2018, in: https://tradingeconomics.com/zambia/government-debt [09.11.2020].
[4] Vgl. Süddeutsche Zeitung: Die Landbesitzer, in: https://www.sueddeutsche.de/politik/afrika-die-landbesitzer-1.4230770 [09.11.2020].
[5] Vgl. Li Xia: Zambia describes China-funded village television project as a success, in: http://www.xinhuanet.com/english/2019-05/14/c_138058138.html [29.11.2020].
[6] Vgl. DW: China’s contentious stake in Zambia’s broadcast media, in: https://www.dw.com/en/chinas-contentious-stake-in-zambias-broadcast-media/a-49492207 [29.11.2020].
[7] Vgl. Süddeutsche Zeitung: Die Landbesitzer, in: https://www.sueddeutsche.de/politik/afrika-die-landbesitzer-1.4230770 [09.11.2020].
[8] Vgl. Deutsche Welle: Sambia. Widerstand gegen Chinas Präsenz, in: https://www.dw.com/de/sambia-widerstand-gegen-chinas-pr%C3%A4senz/a-48267412 [09.11.2020].
[9] Vgl. Germany Trade & Invest: Wirtschaftsdaten Kompakt. Sambia, Mai 2020, in: https://www.gtai.de/resource/blob/12310/56c0942b131ec3348f105afcd4d0fb50/GTAI-Wirtschaftsdaten_Mai_2020_Sambia.pdf [23.10.2020], 1.
[10] Volkswagen: New market potentials in Africa – Volkswagen founds company for mobility solutions in Rwanda, in: https://www.volkswagen-newsroom.com/en/press-releases/new-market-potentials-in-africa-volkswagen-founds-company-for-mobility-solutions-in-rwanda-661 [09.11.2020].
[11] Transparency International: Zambia, in: https://www.transparency.org/en/countries/zambia# [09.11.2020].