Gesellschaft für Wirtschaft und Ethik

Ein Riese auf Schlingerkurs

Das Bild von Deutschland in ausländischen Medien im Frühjahr 2024.
von Matthias Vollbracht

Das Bild Deutschlands im Ausland ist angesichts der großen wirtschaftlichen Verflechtung von hoher Bedeutung. So exportierten deutsche Unternehmen im Jahr 2023 Waren im Wert von 158 Mrd. Euro in die Vereinigten Staaten, für 120 Mrd. Euro nach Frankreich, für 97 Mrd. Euro nach China, für 79 Mrd. Euro nach Großbritannien, oder für 67 Mrd. Euro in die Schweiz (Statistisches Bundesamt). Gleich- zeitig hängt Deutschland auch davon ab, dass ausländische Direktinvestitionen ins Land fließen und es internationale Spitzenkräfte anziehen kann. Auch für solche Direktinvestitionen ist das Image von Bedeutung.1 Ebenso spielen die Medien im Hinblick auf die internationalen Erwartungen an ein Land beim gemeinsamen Krisenmanagement eine Rolle.

Das hat die Euro-Schuldenkrise in den 2010er Jahren gezeigt.2 Insofern ist das Bild, welches Deutschland im Ausland abgibt, zwar nicht der wichtigste, aber auch kein unwichtiger Einflussfaktor für den Eindruck, den sich Menschen, Wirtschaft und Politik in anderen Ländern von uns machen. Wirtschaft hat mit Vertrauen zu tun und ausländische Medien verfolgen, wie sich die Lage – politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich – bei uns entwickelt.

In den ersten vier Monaten des Jahres zeigen die Daten, die das schweizerische Medienforschungsinstitut Media Tenor in Abend-Fernsehnachrichten in Großbritannien, Spanien, der Schweiz und den Vereinigten Staaten erhoben hat, Deutschland als einen Riesen auf Schlingerkurs. Da sind die wochenlangen Streiks, die den Schienen- und Luftverkehr stark beeinträchtigten. Da sind die Enthüllungen der Plattform Correctiv über ein Treffen von Rechten und Rechtsextremen, in denen es auch um „die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland“3 ging, woraufhin an vielen Orten Menschen in der Folge „gegen Rechts“ demonstrierten. Gleichzeitig gelang ein Fahndungserfolg im Hinblick auf lange untergetauchte Linksterroristen, der Gesundheitsminister Lauterbach setzte schließlich sein Cannabisgesetz durch. Die breite Berichterstattung über Bürgerproteste gegen Rechtsextremismus dürfte einerseits das Vertrauen in die Demokratiestabilität Deutschlands im Ausland unterstützen. Gleichzeitig weckt die Popularität der AfD in Deutschland auch Sorgen. Das Thema Fremdenfeindlichkeit kommt unter die meistgenannten Themen mit hoher negativer Konnotation. Aber auch die staatliche Wirtschaftspolitik der Ampel-Regierung wird in den ausländischen Nachrichten kritisch gesehen, nicht zuletzt auch im Hinblick auf die Frage nach dem Umgang mit Subventionen. Die britische Wirtschaftszeitschrift Economist packte bereits im Sommer 2023 wieder das Stereotyp aus 1998 von Deutschland als „Sick Man“, dem kranken Mann Europas heraus.

Nun ist das Medienbild kein direktes Abbild der Realität, sondern ein nach Regeln der Nachrichtenwerte komponiertes Bild. Doch ist es durchaus wirksam. Die Frage stellt sich insbesondere auch für uns Christen: Wie können wir in unserer Gesellschaft so Salz und Licht sein, dass Werte wie Verlässlichkeit, Friedfertigkeit, Fleiß, Wahrhaftigkeit, Respekt im Umgang mit Fremden und der Wille und Vertrauen gestärkt werden können?

Dr. Matthias Vollbracht
ist Ökonom und Medienwissenschaftler. Nach dem Studium in Mainz (Abschluss Diplom-Volkswirt) ar- beitete er zunächst als Journalist und seit 1994 als verantwortlicher Researcher für Wirtschaft beim Medienforschungsinstitut Media Tenor (Zürich/ Wien). Matthias Vollbracht arbeitet im Vorstand der GWE als Schriftführer mit, ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und lebt bei Bonn.

  1. Helmenstein, C., Krabb, P. und Thomas, T. (2016), Standort-Sentiment als Determinante der Investitionstätigkeit, in: Wirtschaftspolitische Bla tter, 63, Seite 171-187-
  2. Post, S., & Vollbracht, M. (2013). Processing crisis news: Media coverage of the economy in light of the Euro-stability crisis. Zeitschrift Für Marktwirtschaf Tund Ethik/Journal of Market and Ethics, 2, 116-130.
  3. https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/, abgerufen am 9.5.2024

Teile diesen Beitrag mit deinen Freunden

Die neusten Beiträge

Über uns

Die Gesellschaft zur Förderung von Wirtschaftswissenschaften und Ethik ist ein eingetragener Verein zur Förderung von Forschung und Lehre in den Wirtschafts- wissenschaften auf der Grundlage einer Ethik, die auf dem biblischen Welt- und Menschenbild beruht.

Kontaktieren Sie uns
Gesellschaft zur Förderung von Wirtschaftswissenschaften und Ethik e.V.

Prof. Dr. Christian Müller

Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Scharnhorststr. 100
48151 Münster

E-Mail: info[a]wirtschaftundethik.de

oder   christian.mueller[a]wiwi.uni-muenster.de

Tel.: (02 51) 83 – 2 43 03/ -2 43 09

© 2025 Gesellschaft für Wirtschaft und Ethik e.V. – website by yousay

Impressum   –     Datenschutz