Auszug aus: Journal for Markets and Ethics (2016)/1
„In Untaten waren wir ehedem, jetzt sind wir in Gesetze versunken“ – Tacitus notierte einst diese alte Weisheit, die in anderen Kulturen ebenfalls anzutreffen ist. Sie besagt, dass es besser sei, es gäbe nur wenige, möglichst allgemein gültige und umfassende Gesetze. Der Besitz einer Vielzahl von Gesetzen könne sich als schädlich für diejenigen erweisen, die ihre Rechte in Anspruch nehmen wollen. Heute herrscht kein Mangel an Gesetzbüchern und an Kompendien zu deren Auslegung. Die Felder der Gesetzgebung sowie die Felder der Auslegung sind wohlbestellt von einer Fülle von Juristen als Rechtsgelehrten. Durch das Wachstum dieser Felder und die Spitzfindigkeiten ihrer Bewirtschafter wächst aber auch die Gefahr, dass ein Urteilsspruch als Willkür empfunden wird; im schlimmsten Falle wird der Zweifel ,am System‘ genährt. Diese Problemstellung ist so alt wie der Prozess der Gesetzgebung und -auslegung selbst; kulturgeschichtlich ist es der große Vorzug der religiösen Gesetze (gewesen), eine Art von Reduktion von Komplexität leisten zu können…